Der Brontosaurus – Sein oder nicht sein!

Der Brontosaurus ist zweifelsohne ein äußerst beeindruckender Dinosaurier mit seinen 30 Tonnen Gewicht. Nur hat der Brontosaurus ein Problem – es gibt ihn gar nicht. Oder?

Naja. Als Kind der 90er lernte man natürlich durch Filme wie Jurassic Park aber auch durch die meines Erachtens nach ganz hervorragende Heftserie „DINOSAURIER“, die durch fluoreszierende T-Rex-Skelettteile gleichzeitig auch den Sammeltrieb bediente, welche Dinosaurier es gab und wo sie gelebt haben. Und man lernte auch, dass der Brontosaurier wohl ein Irrtum gewesen ist. Die Geschichte, die vermittelt wurde, lautete in etwa so, dass man ein Apatosaurusskelett mit einem falschen Schädel versehen habe und man so irrtümlich zu dem Schluss gekommen ist, dass es sich um eine eigene Art handeln musste, die dann Brontosaurus genannt wurde, zu Deutsch „Donnerechse“.

 

Die Entdeckung

Brontosaurus
© Ad Meskens / Wikimedia Commons

1879 beschrieb der amerikanische Paläontologe Othniel Charles Marsh zum ersten Mal den Brontosaurus auf Grundlage eines Skeletts, das in Como Bluff, Wyoming, USA gefunden wurde. Leider fehlte bei dem Skelett der Schädel, aber man ging davon aus, dass der wahrscheinlich so ähnlich aussehen würde, wie der vom ebenfalls in Como Bluff gefundenen Camarasaurus. Der wiederum war bereits 1877 dokumentiert worden.

Man rekonstruierte also das Skelett und stellte es im American Museum of Natural History in New York aus.

1903, Marsh war zu dem Zeitpunkt seit 4 Jahren tot, untersuchte ein Team des Field Museum of Natural History aus Chicago ein weiteres Skelett. Dieses hatte sowohl Ähnlichkeiten mit dem zuvor gefundenen Brontosaurus von 1879, aber auch mit dem 1877 gefundenen Apatosaurus. Dieses Team kam zu dem Schluss, dass sowohl das neu gefundene Skelett, als auch der Brontosaurus und der Apatosaurus alle zu ein und der selben Gattung gehören mussten, weil sie eben so signifikante Ähnlichkeiten hatten.

Weil Apatosaurus („trügerische Echse“) zwei Jahre vor Brontosaurus beschrieben wurde, wurde der Brontosaurus gemäß der Prioritätsregel dem Apatosaurus zugeordnet.

 

Die Prioritätsregel

In der Biologie ist die Vergabe von Namen, der biologischen Nomenklatur, natürlich geregelt. Es kommt immer wieder mal vor, dass die gleiche Gattung in verschiedenen Publikationen auch mit verschiedenen Namen versehen wird. Um wildes Chaos zu vermeiden, hat man sich international darauf geeinigt, nur einen Namen zu verwenden. Hierbei gilt: Wer zuerst kommt, mahlt auch zuerst. Wer also unter Einhaltung bestimmter Richtlinien einen Namen für eine Gattung zuerst publiziert hat, hat somit den Namen auch festgelegt. Genaueres hierzu erfährt man bei Wikipedia (Priotitätsregel).

 

Als 2015 die Diplodicidae, zu denen die Gattungen Diplodocus und Apatosaurus gehören, revisioniert, also nochmal überprüft wurden, wurde der Brontosaurus auch wieder zu einem eigenen Dinosaurier, der sich vom Apatosaurus  genug unterscheidet.

Das ist ja ein ganz schönes Chaos, oder?

Eigentlich nicht. Eigentlich ist das okay, wenn nicht sogar sehr gut, dass der Vorgang der Umbenennung so abgelaufen ist. Wir irren uns in den Wissenschaften ja schließlich empor und wenn man so etwas komplexes wie Gattungen, Arten bzw. Spezies sortiert, dann kommt man fast nicht darum herum, sich mal zu irren.

Guericke-Einhorn
Guericke-Einhorn, spätes 17. – frühes 18. Jahrhundert

Das, was wir heutzutage von Dinosauriern finden ist natürlich bereits aufgrund der Sachkenntnis, die wir heute haben, besser, als das, was wir früher mit den Funden angestellt haben. Als Beispiel ziehe ich da gerne das Guericke-Einhorn hinzu, das Otto von Guericke gemeinsam mit Gottfried Wilhelm Leibnitz verbrochen hat. Das waren die Erkenntnisse der Zeit, die die damaligen Mittel zugelassen haben.

Aber nicht nur die Mittel der Wissenschaft sind manchmal unzulänglich. Manchmal bleibt auch einfach nicht genug Information erhalten. Was Jahrmillionen lang im Boden eingebettet lag und versteinerte, verliert einfach bestimmte Informationen. Genmaterial bleibt nicht erhalten, manchmal werden Knochen durch die Umstände, unter denen sie gefunden werden, beschädigt und wer weiß, in welchem Zustand das tote Tier war, als es im Boden eingebettet wurde. Die Tatsache, dass so gut wie keine Weichteile so lange erhalten bleiben (wenn wir jetzt mal vom Nodosaurier aus Kanada absehen), macht das ganze nicht einfacher.

Falsche Vorstellungen

Man hat immer diese schematische Vorstellung im Kopf, die ja durch Schulbücher und Dokus kolportiert wird, dass ein vollkommen intaktes Tier in irgendeinen Schlamm fällt und dort im Laufe der Zeit einfach versteinert. Die Realität sah allerdings eher so aus, dass abgesehen von den intakten Tieren selbstverständlich auch nur Teile konserviert wurden, von denen die Reste einfach verrottet oder aufgefressen worden sind. Und man muss natürlich auch vorsichtig dabei sein, aus einer Arthrose keine Art zu machen. Das heißt krankhafte Veränderungen an Individuen zu erkennen und diese eben aus den Merkmalen für neue Arten auszusortieren.

Das wiederum gelingt nur dann, wenn man entsprechend viele Daten zur Verfügung hat. Und das hatte man vor 150-200 Jahren natürlich nicht in dem Maß wie heute, wo man als Wissenschaftler einfach auf Online-Datenbanken zugreifen kann und das Wissen, mit dem man ausgebildet wurde, durch x Peer-Reviews gegangen ist.

 

Die Korrektur

Das Team um den Paläontologen Emanuel Tschopp von der portugiesischen Universidade Nova de Lisboa hat sich unter anderem dem Brontosaurus gewidmet und kam durch Vergleiche von Knochen zu dem Schluss, dass es sich sehr wohl um unterschiedliche Tiere handeln müsse. Seit 1877 gab es viele neue Funde, die einen besseren Kontext geschaffen haben, in den man alles ein- und die Unterschiede an den Skeletten besser zuordnen konnte. Bis zu 15 Spezies zählen demnach zur Familie der Diplodocidae, die anhand von 477 Merkmalen festgemacht wurden.

Wenn wir uns jetzt nochmal in Erinnerung rufen, wie der Brontosaurusfund 1879 abgelaufen ist: Es wurde ein Skelett ohne Kopf gefunden, von dem man einfach mal ausging, dass er einen ähnlichen Kopf gehabt haben wird wie der Camarasaurus -> Schwupp -> Brontosaurus, dann wird der Unterschied in der Vorgehensweise sehr deutlich. Und vor allem wird auch klar, warum es nötig war, das ganze Konstrukt nochmal mit heutigen Mitteln zu untersuchen.

Wir sind also nun bei drei anerkannten Brontosaurusarten angekommen, dem Brontosaurus excelsus, dem Brontosaurus parvus und dem Brontosaurus yahnahpin. 

 

Fazit

Was man an der Brontosaurusgeschichte eigentlich sehr schön illustriert sehen kann ist, dass wissenschaftliches Vorgehen ergebnisoffen ist, bzw. sein sollte. Das gilt sowohl für die Paläontologie als auch für sämtliche anderen Wissenschaften. Neue Methoden erlauben neue Erkenntnisse und wir sind, auch wenn das schwer vorstellbar ist, noch längst nicht am Ende unserer Erkenntnisse angelangt. Der Spagat zwischen Ergebnisoffenheit und der traurigen Tatsache, dass sich durch diese Tür immer wieder Scharlatane einzuschmuggeln versuchen, ist leider schwierig. Es wird versucht, die Ergebnisoffenheit auszuhebeln, indem man mit kruden und unfundierten Thesen hantiert, die am Ende nichts anderes bewirken sollen, als das eigene Buch aus dem einschlägig verschrienen Verlag zu promoten. Das Beste, was man für sich persönlich, im Privaten, dagegen machen kann ist, sich mit Medien zu bilden, die aus wissenschaftlichen Kreisen stammen und sich mehrere Meinungen über Publikationen einzuholen. Je mehr man selbst über ein Thema weiß, desto sicherer wird man bei der Einordnung von neuen Informationen.

 

Die Studie von Emanuel Tschopp, Octávio Mateus und Roger B.J. Benson

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