Die phrygische Mütze

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Paris mit einer phrygischen Mütze – Rabax63, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Ich habe mich ja eine Weile lang davor gedrückt, einen Artikel über die phrygische Mütze zu schreiben, weil man sich (ich mich) da wieder in nerdigen Details zu verlieren gedroht habe. Man kennt das ja. Kaum ist man in ein Thema ein bisschen eingestiegen, schon findet man wieder kein Ende. So auch hier.

Das Thema

Die Phryger waren ein indogermanisches Volk, das ab dem 8. Jahrhundert v.Chr. ein beachtliches Reich beherrschte. Erwähnung finden sie bereits 700 v.Chr. in Homers Ilias Ihre Hauptstadt Gordion lag gut 80 km vom heutigen Ankara enfernt. Hatten die Phryger bei ihrem Auszug aus dem Balkan hießen die Phryger im Übrigen Bryger, sodas man davon ausgeht, dass die Schreibweise „Phryger“ eine griechische Form des Namens ist.

Man kann getrost von einem Großreich sprechen, das angesichts der populären Griechen, Ägypter, Römer oder Inkas leider ein bisschen im Hintergrund verschwindet. Aber es gab mehrstöckige Gebäude und sogar eine eigene Art von Fachwerkhäusern. Die Fassaden wurden mit bemalten Terrakottafliesen verkleidet und offenbar war Kybele eine wichtige Gottheit im Glauben der Phryger.

Die Kopfbedeckungen

Kommen wir also zum eigentlichen Grund des Artikels. Vor einigen Jahren bin ich über diesen doch etwas skurrilen Umstand gestolpert und habe quasi nur darauf gewartet, dieses kleine Stück Wissen in einem Artikel zu verarbeiten.

Wie manche es sich vielleicht denken können, könnte man die alten Hochkulturen in vielen Fällen, aus heutiger Sicht, in manchen Aspekten mit Unverständnis betrachten, weil man damals einen anderen Bezug zum Leben, zu sich selbst und seiner Umwelt hatte. Insofern kommt es manchmal dazu, dass uns die Dinge, die damals getan wurden, ein bisschen skurril vorkommen. Wie in dem Fall der phrygischen Mütze.

Kleine Zäsur. Wir kennen alle die Schlümpfe. Die meisten sind mit diesen drolligen kleinen blauen Wesen aufgewachsen. Und mich zumindest hat die Gewissheit über das, was nun folgt, kalt erwischt. Da taten sich ja Abgründe auf!

Die Schlümpfe tragen ja allesamt eine bestimmte Art von Mützen. Von der Form her handelt es sich um sogenannte phrygische Mützen. Und um eine phrygische Mütze herzustellen benötigt man den gegerbten Hodensack eines Stiers inklusive der umgebenden Fellpartie. Jetzt hab ich’s gesagt. Ich hoffe, ich habe damit jetzt keine wohligen Kindheitserinnerungen zerstört. Auch die Mainzelmännchen tragen einen ähnlichen Kopfputz, übrigens. Die Mütze scheint sich parallel zum phrygischen Helm entwickelt zu haben. Beides besteht aus den gleichen Rohstoffen, die Mütze wird lediglich weich gegerbt.

Die antiken Griechen hielten nicht nur Hosen, sondern auch diese Form von Kopfbedeckung für typisch barbarisch.

Aber warum macht man denn sowas, fragt man sich heutzutage, vielleicht zurecht. Und die Begründung liegt abgesehen davon, dass es einfach praktisch ist, sämtliche anfallenden Körperteile von Tieren zu verwenden, einfach darin, dass zu jener Zeit der Glaube verbreitet war, dass die Eigenschaften eines solchen Kleidungsstückes auf den Träger abfärben würden.

Jakobinermützen

Drehen wir die Uhr etwas weiter landen wir zur Zeit der französischen Revolution und begegnen der phrygischen Mütze erneut, dieses Mal in Form der Jakobinermütze. Die Jakobiner waren zu dieser Zeit ein politischer Klub aus Anhängern von Maximilien de Robbespierre, und so entwickelte sich diese Mütze mit der Zeit zu einem Freiheitssymbol.

Erstaunlich, eigentlich, welche Wendung dieser Artikel genommen hat. Von einem antiken anatolischen Großreich mit Fachwerkhäusern, über die französische Revolution bis hin zu den vergleichsweise modernen Schlümpfen.

 

Wikipedia: Phryger

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