Geschichtsvermittlung I

Wie vermittelt man Lehrinhalte?

Naja, am besten interessant, spannend, lustig, vielleicht auch mit etwas Nachdruck, weil „Wer aus der Geschichte nicht lernt, ist verdammt, sie zu wiederholen.“. Es hilft, wenn die vermittelnde Person als angenehm empfunden wird. Am besten wäre natürlich irgendeine Art von „cool“, weil das ja auch immer nachahmenswert ist. Die Vorbildfunktion lässt grüßen. Und am besten einigt man sich vorher, welchem Publikum man seine Inhalte präsentieren möchte. Sind das interessierte Lien oder Fertigstudierte? Gelangweilte Mittelstufler? Marktbesucher? Oder Leute, die gezwungen sind, einem zuzuhören? Jede Gruppe muss man, um mit dem was man macht Erfolg zu haben, anders abholen.

Das kann man mit Anschauungsmaterial machen, oder damit, dass man selbst kostümiert ist. Man kann auch einen bestimmten Duktus wählen, wenn man damit glaubwürdig wirkt. Man kann das im Internet auf den verschiedensten Plattformen in geschriebenem Wort, Bild und Tonaufnahme machen, mit mehr oder weniger Community-Anbindung, ganz wie man möchte.

Deshalb wähle ich ja so einen Multimediaweg. Das Internet ist da und meine Inhalte sind dort gratis abzurufen. Für mich ist das Schreiben eine schöne Fingerübung und es ist ja tatsächlich so, dass ich während ich Artikel verfasse, immer mindestens irgendeine Kleinigkeit dazulerne. Ich gebe zu, ich bin ein riesen Nerd. Und ich gebe auch zu, dass ich zu Schulzeiten in Geschichte grundsätzlich eher eine Gnadenvier hatte. Das wird sicherlich an den antiquierten Methoden und Sichtweisen des Lehrers gelegen haben, aber auch daran dass wenn man auch nur ein mal gefehlt hat, einem direkt gefühlte vier stenografierte Din A 4 Seiten in Schriftgröße 7 Blocksatz gefehlt haben. Der Geschichtslehrer hatte zwei Doktortitel und hat das auch gerne hervorgehoben. Aus heutiger Perspektive ist ein Geschichtsstudium zwar auch irgendwie wertvoll, aber eine Taxilizenz ist billiger und dauert auch nicht so lange. Zumindest ist das genau das, was ich dem doppelten Doktor heutzutage sagen würde, aus meiner Perspektive mit Ende 30. Ein Geschichtsstudium rechtfertigt nämlich nicht, ein selbstherrlicher Depp zu sein, der einem das Schüler:innenleben  (Schüler-Innenleben, hihi…) zur Hölle macht. Insbesondere dann nicht, wenn man sowas harmloses macht, wie als Schülerin einfach ein bisschen nonkonformistisch auszusehen.

Verschiedene Menschen brauchen verschiedene Unterrichtsformen. Manche lernen super mit Mindmaps. Wenn ich Mindmaps sehe, möchte ich die Worte alphabetisch in eine Tabelle sortieren. Ich hasse Mindmaps. Weil ich Unordnung hasse. Was ich aber mag, und was viele da draußen mögen, ist Unterhaltung. Zusammenhänge unterhaltsam erklärt bekommen und beim Verstehen ein positives Gefühl zu erleben, sich dem Bildungsvermittelnden auf gleicher Augenhöhe annähern können, das sind Dinge die zum Beispiel Harald Lesch sehr erfolgreich gemacht haben. Bildung auf Augenhöhe. Und Harald Lesch ist seit über 20 Jahren ein fester Bestandteil meines Lebens. Irgendwie und irgendwo läuft der hier immer.

Es gibt da ja eine Falle, in die Menschen gerne tappen, sobald sie auf einem Gebiet ein Spezialist geworden sind, dessen Spezialwissen das eines anderen Durchschnittsmitmenschen übersteigt. Das ist ziemlich einfach, in diese Falle zu tappen. Man fühlt sich mit seinem Spezialwissen seinem Gegenüber sehr schnell überlegen. Man hat sehr viel Zeit seines Lebens damit verbracht, sich dieses Wissen anzueignen. Hat ein Studium absolviert und sich in seiner Freizeit in diesem Themenkomplex herumgetrieben. Und wenn man in einer Bubble voller Spezialisten lebt, in die nur selten Menschen eindringen, die einem komplett anderem Wissensbereich angehören oder sogar gar kein Spezialwissen besitzen, dann…

… dann kann man sich durchaus mal vorkommen wie Gottes Geschenk an die Menschheit. Man lässt sich mit seinen beiden Doktortiteln ansprechen und bewertet Menschen, über die man nicht weiß, ob sie Spezialwissen haben, grundsätzlich als schlechter. Schlimmer noch, man bewertet Menschen, die der eigenen Meinung nach so aussehen, als hätten sie klein Spezialwissen, als schlechter und behandelt sie entsprechend.

Das sind aber auch nur Kompensationsmechanismen, die ein paar Endorphine triggern, weil man sich in einer überlegenen Gruppe wähnt. Hat das was in der Bildungsvermittlung verloren? Eigentlich nicht. Weil sich selbst zu kurieren, indem man andere abwertet, ist ein alter Hut und echt schädlich für Heranwachsende, und eigentlich für jeden.

In dem Kontext zitiere ich mich gerne selbst.

Man ist selten so cool, wie man denkt.“

Und grad die, die am lautesten sind, sind bei genauerer Betrachtung nichts von dem, was sie andere glauben machen wollen.

Das macht Bildungsvermittlung natürlich schwierig, weil man sich sehr gut aussuchen muss, mit wem man da zusammenarbeitet. Weil auch studierte Pädagogen nur Menschen sind, die am Ende des Tages gestresst sind. Oder traumatisiert. Oder Arschlöcher.

Was ich mir für die Bildungsvermittelnden, im Internet, in der Schule, in der Reenactmentszene und in Museen wünschen würde wäre, dass die Zusammenarbeit fruchtbarer ist und das gemeinsame Ziel, geschichtliche Inhalte zu vermitteln, größer ist als das gute alte „Wir gegen die“.

Ja, kann schon sein, dass Vikings echt ahistorisch ist und in den ersten beiden Staffeln eine fürchterliche Synchro hatte. Haithabu liegt auch nicht in den Bergen und wenn man Wikinger mit ’nem Fesselballon fliegen lässt, dann kneif ich mindestens ein Auge zusammen, wenn ich daran denke, dass das ein Ding des History Channels ist. Aber wenn irgendwer rumlaufen möchte wie Ragnar Lodbrok ist das nicht die eigene Aufgabe, ihm das madig zu machen. Manche ziehen sich ihre Cosplays an, weil sie sich eine schöne Sache in ihrem Leben wünschen. Nur eine. Und das zu verurteilen, nur weil man es besser weiß, wie die Leute um 900 n.Chr. rumgelaufen sind, ist falsch. Es besteht erst dann und nur dann Handlungsbedarf, wenn die Leute anfangen, die Vikingsversion als korrekte Abbildung der Geschichte zu verkaufen. Bildung wird nicht durch Ausgrenzung vermittelt. Und manchmal möchten die Leute, die sich mit der falschen Historie der Serie beschäftigen, auch gar nicht wissen, wie es wirklich war, weil ihnen die Serie als Unterhaltung reicht. Und das ist vollkommen legitim.

Bildungsvermittlung funktioniert dann am besten, wenn die Leute bereit sind, Inhalte aufzunehmen. Wenn diese Inhalte ohne Dünkel vorgetragen werden. Ohne „Wir gegen die“. Ohne Dämonisierung der Vikings-Fans und A-Päpste.

Ich weiß. Wenn alles besser wär, dann wär alles besser.

Aber ich bestehe darauf, meinen Blog soweit wie möglich freizuhalten von Dingen, die einer Bildungsvermittlung im Weg stehen. Meine Bude, meine Regeln.

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